Im Gespräch: «Gelebte Nachhaltigkeit»

In 2020 wurden wichtige Grundlagen für die zukünftige Entwicklung von Espace Real Estate gelegt. Die Corona-Krise wurde genutzt, um weitere Projekte für die Zukunft zu planen, Innovationen voranzutreiben und Prozessabläufe zu optimieren. Im Gespräch erläutern Dr. Andreas Hauswirth und Lars Egger den hohen Stellenwert der ESG-Kriterien in ihrem Unternehmen, erklären, warum sie lieber «sanieren als eliminieren» und werfen einen Ausblick auf das Geschäftsjahr 2021.

 

 

Herr Hauswirth, Herr Egger, wie beurteilen Sie den Corona-Einfluss auf den Immobilienmarkt im Allgemeinen und konkret auf Espace Real Estate?

 

Andreas Hauswirth: Mit Corona hat sich der Druck auf die Rendite der kommerziellen Liegenschaften verstärkt, was sich auf die Bewertungen niederschlägt. Entsprechend konnte man verfolgen, wie die Kurse von börsenkotierten Immobilien-Unternehmen mit hohem Gewerbeanteil in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Bei den Mietwohnungen zeichnet sich mit Blick auf die Kundenbedürfnisse ein Wandel ab. Der Markt tendiert zu grösseren Wohnungen. Diese werden wegen der Arbeitsverlagerung ins Homeoffice verstärkt nachgefragt. Ob das eine nachhaltige Entwicklung ist, wird sich allerdings erst zeigen.

Espace hat gegenüber anderen Immobiliengesellschaften den grossen Vorteil, dass unser Portfolio bezüglich Kundenmix so diversifiziert ist, dass wir eher marginal von Corona betroffen sind.

Lars Egger: Das Thema Homeoffice wird sich verstärkt auf den Immobilienmarkt auswirken, mit einem direkten Einfluss auf traditionelle Pendlerkantone wie Solothurn. Wenn ich nur noch drei Tage die Woche in Zürich oder Bern im Büro anwesend sein muss, wird Wohnen in Solothurn und Umgebung aus Gründen des Preis-Leistungs-Verhältnisses wesentlich attraktiver. Sogenannte B-Lagen werden damit stark aufgewertet.

 

ESG wird von Espace gelebt: Umweltthemen, soziale Verantwortung und eine in allen Bereichen greifende Corporate Governance sind die Eckpfeiler für die weitere Entwicklung des Unternehmens. Wie schafft Espace den Spagat zwischen nachhaltigem Wirtschaften und dem Ziel einer die Stakeholder zufriedenstellender Rendite?

 

Lars Egger: Zwischen ESG und Rendite besteht kein Widerspruch. Die Kunden werden immer sensitiver, was die Umwelt, das sozio-ökonomische Umfeld, aber auch das Verhalten von Espace selbst anbelangt. Für uns ist die nachhaltige Vermietbarkeit unserer Objekte ein zentrales Anliegen. Kurzfristige Renditeziele widersprechen dem 50-jährigen Lebenszyklus einer Immobilie.

Zudem hat der Gesetzgeber in vielen Bereichen Grundlagen geschaffen, so dass Nachhaltigkeit und Rendite keinen Widerspruch darstellen. Beispielsweise sind zentrale Eigenverbrauchsgemeinschaften (ZEV) sowohl für den Investor, was die Erträge anbelangt, als auch für den Mieter mit den damit verbundenen Preisvorteilen sehr interessant.

 

Sie haben im Hinblick auf ESG-Kriterien spannende Projekte in der Pipeline. Was ist das Hervorstechende bei Projekten wie dem Ärztehaus in Burgdorf oder der Wohnliegenschaft Visavie in Biel?

 

Lars Egger: Die beiden Leuchtturmprojekte, die wir 2020 entwickelt haben, können Corona-bedingte Veränderungen perfekt aufnehmen. Die letzte Etappe der Überbauung Visavie wird die Aspekte Wohnen und Arbeiten mit grösseren Wohnungen und ergänzend kleineren Wohnungen mit gemeinschaftlich genutzten Flächen z.B. für das Homeoffice berücksichtigen. Wir wollen dort unsere Zielgruppen und die Generationen optimal durchmischen.

Beim Ärztehaus in Burgdorf gehen wir den Weg einer Public-Private Partnership. Zusammen mit dem Spital Emmental können wir so dem Gesundheitsmarkt Impulse geben. Walk-in Praxen oder Mikro-Apartments für das Gesundheitspersonal in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof sind ein wegweisendes und zukunftsträchtiges Konzept.

 

Sie gehen davon aus, dass Geschäfts­flächen in Zukunft weniger bzw. anders nachgefragt werden. Welche Verän­derungen sehen Sie auf uns zukommen und wie reagieren Sie darauf?

 

Lars Egger: Wir werden nicht mehr nur starre Strukturen vermieten, sondern vermehrt Flächen à la carte zur Verfügung stellen, die Nachfrage danach hat sich durch Corona noch akzentuiert. Das bedeutet, dass wir die Räume flexibel auf die Bedürfnisse des Kunden anpassen – und nicht umgekehrt. Auch kurzfristige Mietänderungen sind möglich. Wir haben damit in unseren einst leerstehenden Geschäftsflächen gute Erfahrungen gemacht.

 

Erschwert das nicht den Vermietungsprozess?

 

Lars Egger: Der Prozess wird verstärkt digital bearbeitet werden und somit unsere Aufwendungen reduzieren und gleichzeitig den ganzen Ablauf wesentlich kundenfreundlicher machen.

Andreas Hauswirth: Strategisch hat das die Konsequenz, dass wir in den nächsten Jahren den Wohnanteil in unserem Portfolio weiter erhöhen werden. Das geht bis hin zur Umnutzung von Geschäftsflächen in Wohneinheiten. Zwar generieren Geschäftsflächen höhere Renditen, aber gleichzeitig ist das Risiko auch grösser. Gerade durch Corona hat sich gezeigt, dass Wohneinheiten wesentlich stabiler nachgefragt werden. Wir streben daher in diesem Segment mittelfristig einen Anteil von 60 Prozent an.

 

Rund die Hälfte Ihrer Investitionen soll in den nächsten zwei bis drei Jahren in die Sanierung eines Teils der 50 Liegenschaften fliessen, die Espace besitzt. Welche Investitionen planen Sie konkret?

 

Andreas Hauswirth: Die Sanierungsprojekte sind für uns im Sinne der Nachhaltigkeit von zentraler strategischer Bedeutung. Unser Motto lautet «Sanieren statt Eliminieren». Entsprechend haben wir auch unsere operative Planung gestaltet.

Lars Egger: Mit den Sanierungsprojekten folgen wir dem Megatrend des preisgünstigen Wohnens. So haben wir im letzten Jahr bei einem Objekt bewusst auf Abriss und Neubau zu Gunsten einer Sanierung verzichtet. Damit können wir ein Produkt anbieten, das attraktiv für Mieter ist. Zusätzlich begünstigen wir die Ökobilanz und versuchen, die bestehenden Strukturen weitestgehend zu erhalten.

 

Die Region Mittelland leidet an einem Überangebot und entsprechenden Leerständen bei Renditeliegenschaften. Wird Espace ihr Investitionsspektrum auf andere Regionen ausdehnen?

 

Andreas Hauswirth: Wir müssen uns immer wieder die Frage stellen: Haben wir das richtige Produkt am richtigen Ort und bewirtschaften und vermarkten wir es bestmöglich? Die Antwort ist: Ja, das ist uns gut gelungen! Espace weist insbesondere im Bereich Wohnimmobilien im Vergleich zum Gesamtmarkt im Mittelland einen unterdurchschnittlichen Leerstand aus.

Die geografische Ausdehnung prüfen wir permanent, aber nicht wegen der Leerstände, sondern um eine räumliche Diversifizierung zu erreichen. Damit können wir profitables Wachstum generieren. Allerdings ist das im heutigen Umfeld nicht ganz einfach, gerade wenn man die Entwicklung des umkämpften Marktes für Bestandesliegenschaften betrachtet.

 

Corona und die Folgen werden Sie auch im Geschäftsjahr 2021 weiter be­schäftigen. Wie fällt Ihr Ausblick für 2021 aus?

 

Andreas Hauswirth: Wir haben bereits auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 Prognosen für das Gesamtjahr erstellt. Diese haben sich als richtig erwiesen und sie gelten auch für 2021. Wir gehen von einem soliden Geschäftsverlauf aus, weil wir operativ und finanziell sehr gut aufgestellt sind.

Lars Egger: Die Hausaufgaben sind gemacht. Mit unseren neuen Produkten können wir die kommenden Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt zielgerecht antizipieren. Vor einigen Jahren betrug der umsatzmässige Wohnanteil im Portfolio noch 20 Prozent, wir haben ihn sukzessive auf heute 45 Prozent ausgebaut und werden ihn weiter erhöhen. Im Bereich der kommerziellen Liegenschaften konzentrieren wir uns auf das stark wachsende Segment Gesundheitsimmobilien, eine Nutzungsart, die in unserem Portfolio bereits gut vertreten ist. Mit dem Ärztehaus in Burgdorf setzen wir diese Geschichte nahtlos fort. Wir sind somit für die Zukunft sehr gut positioniert.